Prä(vor)kolumbische Indianer-Kulturen: Lebensweise in der Prärie


Leben auf den Great Plains

Pis'kun - Bison-Blutkessel Head-Smashed-In Buffalo Jump Die nordamerikanischen Great Plains umfassen ein Gebiet von etwa 1,8 Millionen Quadratkilometer. Hierbei handelt es sich um flaches Land mit kalten Wintern und heißen Sommern. Die Niederschläge sind gering und unvorhersehbar.

In diesem großen Gebiet lebten die Paläo-Indianer. Ihre Jagdbeute waren Mammuts und andere große ausgestorbene Eiszeittiere. Die ursprünglichen nördlichen Nadelwälder wurden am Ende des Pleistozän (= ein Erdzeitalter) von Laubwäldern abgelöst. Zwischen 8.000 und 6.000 v. Chr. bildete sich eine nacheiszeitliche Vegetationsdecke aus winterharten Gräsern heraus. Allerdings waren die Great Plains nicht völlig baumlos, sondern in den Flußtälern, in Böschungen und im hügeligen Gelände waren einige Bäume vorhanden.

Immer wieder wird publiziert, dass die Plains erst mit der Prärie-Kultur bevölkert wurden sind. Dies ist nach neuesten Erkenntnissen falsch. Schon seit Jahrhunderten lebten auf den Plains Bisonjäger und Maisbauern, die einen natürlichen Kreislauf folgten. Die Indianer jagten zahlreiche Wildarten, sammelten Beeren, Knollen, Nüsse und Samen. Sie lebten gut und ihre Lebensweise überdauerte Tausende von Jahren. Es entstanden auf den Great Plains sogar eigenständige lokale Traditionen. Etwa um 250 v. Chr. bis 1.000 n. Chr. wurden sie Maisbauern, erlernten das Töpfern und begannen mit dem Bau von Begräbnishügeln.

Dies ist aber schon wieder ein anderes Thema. Und zwar Die Erbauer der Mounds.

Vor etwa 40 Millionen Jahren entwickelte sich das erste Pferd auf dem amerikanischen Kontinent. Ende des Pleistozän starb es aus, konnte aber wegen seiner Westwanderung über die Beringstraße in Eurasien überleben. Auf Kolumbus' zweiter Reise brachte der Seefahrer erneut das Pferd nach Amerika.

Die vorkolumbische Urbevölkerung entwickelte aber auch ohne das Pferd Jagdmethoden, um dem Bison als Nahrungsgrundlage habhaft zu werden. Sie jagten den Büffel auch einzeln, hatten aber Probleme die harte Bisonhaut mit ihren steinernen Pfeil- und Speerspitzen zu durchbohren. Zahlreiche Pfeile mußten abgeschossen werden bis einer das Tier tödlich traf. Diese Art der Jagd war nicht nur sehr mühsam, sondern auch lebensgefährlich. Die Indianer ersannen deshalb eine Methode wie sie mehr Bisons erlegten konnten und sich nicht immer wieder der Gefahr eines Jagdunglück aussetzen mußten.

Der Bison bildete für die in den Plains lebenden Indianern und zahlreiche Stämme des Westens Jahrtausende lang die Nahrungsgrundlage. Alles Fleisch, Fell, Knochen und Horn wurde verwendet. Siehe dazu Bisonverwertung.

Pis'kun Zur Erlegung dieser prächtigen Tiere wurde eine einfache wie auch effektive, aber grausame Jagdmethode angewendet. In der kanadischen Provinz Alberta gibt es den Head-Smashed-In Buffalo Jump Complex - zu deutsch: "Bisonsprung, der den Schädel einschlägt".

Die Blackfeet trieben an dieser Stelle eine ganze Büffelherde über eine Felskante in den Tod. Vom Rande der Klippe hatten sie zwei Reihen Steinhaufen und Büsche als seitliche Begrenzung V-förmig in die Prärie hinaus errichtet bzw. verwendeten die Hügel und Büsche der Umgebung. Durch diesen Pferch wurden die Tiere in den von der Natur geschaffenen Abgrund gejagt.

Allgemein kam für diese Jagd eine Art der Treibjagd - die Stampedejagd - zum Einsatz. Man trennte eine Büffelherde von der Hauptherde ab und versetzte sie, sobald die Leitbullen die Richtung einschlugen, in Panik. In Panik gebrachte Büffel rennen immer stur geradeaus. Man leitete diese Herde auf den Abgrund zu, wo in der Regel die gesamte Herde hinunterstürzte. Bei dieser Jagdmethode konnten nicht alle Büffel verwertet werden, sondern nur ein geringer Teil.

Die Bisons stürzten am Head-Smashed-In Buffalo Jump 18 Meter in die Tiefe. An Ort und Stelle wurden sie dann gleich zerlegt und verarbeitet. Bisons, die sich nicht gleich das Genick gebrochen hatten, wurden mit Lanzen oder Steinäxten getötet. Keine Chance hatten die Tiere dem Tod zu entrinnen.

Bevor aber diese Jagd stattfand, wurden mehrere rituelle Zeremonien abgehalten, die bewirken sollten, dass die Bisons auch nahe genug an die Falle kommen sollten, um sie zu erlegen. Jeder Stamm hatte seine eigenen Lieder, Tänze, Zauber, Opfergaben und Gebete. Die Blackfeet durften bestimmte Gesänge nur singen, wenn sie kurz vor dem Verhungern waren. Einzeljagd war verboten, damit die Bisons nicht aufgeschreckt und in wilde Flucht getrieben wurden. Die Lagerpolizei kontrollierte dies.

Der Schamane - fälschlich auch als Medizinmann bezeichnet - der Blackfeet wickelte in der Nacht vor der Jagd seine Pfeife aus und bat die Sonne um Jagderfolg. Seine Frauen durften das Zelt nicht verlassen - auch nicht hinaussehen, und mußten süße Gräser verbrennen und zur Sonne beten, damit die Jagd erfolgreich sein würde. Ohne Nahrung zu sich zu nehmen, begab sich der Schamane mit den Jägern in die Prärie hinaus und näherte sich in Bisonkleidung der Herde. Die Jäger unterdes gingen hinter der Begrenzung aus Steinhaufen und Büschen in Stellung. Sobald der Geheimnismann nahe genug an die Herde herangekommen war, machte er sich durch starke Bewegungen bemerkbar. Wenn die Bisons ihn wahrnahmen, bewegte er sich langsam auf die Falle zu und hoffte, dass die Tiere neugierig ihm folgten. Wenn die Tiere sich in die Richtung des Schamanen in Bewegung setzten, begannen die Jäger hinter den Steinhaufen einen ohrenbetäubenden Lärm, um die Tiere zur Panik zu treiben. Die Bison entgingen nun nicht mehr dem sicheren Tod.

Der Head-Smashed-In Buffalo Jump Complex - die hohe Sandsteinwand - wurde von den Indianern, so konnten Archäologen feststellen, mehr als 5.000 Jahre lang immer wieder benutzt. Dieser Blutkessel, wie die Indianer ihn nannten, erhebt sich mitten in der flachwelligen Prärie-Landschaft der Porcupine Hills - zu Deutsch "Stachelschwein-Berge".

In den Plains gab es mehrere solcher Abgründe, wo Bisonherden auf ihrer Flucht vor den Treibern in die Tiefe stürzten. Der Head-Smashed-In Buffalo Jump Complex ist aber der größte und zugleich älteste.

Das Gelände unterhalb der Steilkante liefert den Archäologen auszeichnete Erkenntnisse über die Entwicklung der Waffen, Werkzeuge und Gebrauchsgegenstände. Als die Plain-Indianer in den Besitz von Pferden und Feuerwaffen kamen, wurde die Treibjagd nicht mehr verwendet, sondern man jagte die Bisons mit Pferd und Waffe. Letztmalig wurde der Head-Smashed-In Buffalo Jump 1850 für das Zusammentreiben von Büffeln verwendet.

Frühe europäische Forscher schätzten die Herden auf annähern 50 Millionen Bisons. Erst mit der Wiedereinführung des Pferdes waren die Indianer aber in der Lage diese riesigen Herden als Nahrungsquelle ergiebig zu nutzen. Der Pis'kun - wie der Blutkessel - in dem die Bison hinunterstürzten - auch genannt wurde, hatte auch Nachteile. Knochen und Sehnen, die durch den Aufprall brachen, waren nicht mehr zu verwenden.