Die Indianer Nordamerikas - Shawnee, Stamm des Nordostens


Das Wort "Shawnee" bedeutet die Südlichen. Sie wurden deshalb so genannt, da sie der südlichste Volksstamm der Algonkin-Sprachfamilie waren. Die Shawnee lebten im Gebiet des Ohio River, wo auch andere Algonkin-Stämme, wie die Delaware, Chippewa, Ottawa u. a. wohnten. Sie bauten wie andere Stämme dieses Gebietes Mais an und lebten in Kuppelförmigen Stroh-, Rinden- oder Fellhütten.

Die Shawnee waren Freunde der Franzosen und begannen um das Jahr 1750 erbitterten Widerstand gegen das Vorrücken der Engländer aufzubringen. Die Sechs Nationen der Irokesen waren immer noch den Engländern treu und wurden auch deshalb von den Algonkin-Stämmen gefürchtet. Als sich die englische Grenze unaufhörlich auf die französischen Forts zuschob, vertrauten die Franzosen den Algonkin-Stämmen und bewaffneten diese, damit sie die Engländer aus dem Ohio-Gebiet und aus Kentucky zurückdrängen sollten. Die Franzosen bildeten sie militärisch aus, was sie zu guten Schützen werden ließ und hetzte sie zu Überfällen gegen die Engländer auf. Sie wurden zu ausgesprochenen Meistern, was das Legen von Hinterhalten und Überfällen anging. Als die zahlenmäßig schwachen Truppen der Franzosen gegen englische Kolonisten auszogen, wurden sie von starken Verbänden der Algonkin-Stämme unterstützt. Beim letzten verzweifelten Versuch der Franzosen sich gegen die Engländer zu behaupten, im sogenannten französisch-indianischen Krieg, erhielten sie eine schwere Niederlage. Das gesamte Land östlich des Mississippi fiel nach dem Fall von Quebec in die Hände der Engländer. Da die Franzosen ihren ehemaligen Verbündeten nicht mehr helfen konnten, setzten die Shawnee und die Algonkin-Stämme den Krieg gegen die Engländer von nun an alleine fort. Der Anführer dieser kriegerischen Auseinandersetzungen war der Ottawa-Sachem Pontiac.

Nachdem Pontiac die Algonkin-Stämme und die irokesischen Wyandot zum heiligen Krieg aufgerufen hatte, die Shawnee unter dem Häuptling Cornstalk, ein Freund Pontiacs, große Mengen Fleisch aus Kentucky gebracht hatten, wurde im Frühjahr des Jahres 1763 ein mehrtägiger Kriegsrat abgehalten. Wenige Tage - genauer im Mai 1763 - nach ihren Beratungen hatten die vereinigten Algonkin-Stämme und die Shawnee neun englische Forts erobert. Doch die wesentlich besser geschützten Forts Detroit und Pitt konnten die Verbündeten nicht einnehmen und belagerten sie. Von wochenlanger Belagerung zermürbt, verließen die Verbündeten Pontiac, was ihn dazu veranlaßte die Belagerung des Forts Detroit am 12. Oktober 1763 abzubrechen. Der Algonkin-Bund und die Engländer schlossen im Anschluß einen Friedensvertrag. Der Ohio, der Monongahela und der Allegheny sollten von nun an die indianische Grenze bilden. Damit mußten die Algonkin-Stämme zwar wildreiche Gebiete abtreten, hofften aber damit in Sicherheit und Frieden in Zukunft leben zu können. Ihnen blieb ja noch das wildreichste Gebiet Nordamerikas Kentucky. Die Irokesen, welchen Kentucky gar nicht gehörte, verkauften dieses Gebiet gleich dreimal an Weiße. Von der Kolonialregierung wurden diese Kaufverträge wegen einer Verordnung aus vergangenen Jahren für ungültig erklärt. Der Algonkin-Bund, der jetzt von Cornstalk angeführt wurde, protestierte gegen diesen Betrug. Da die Weißen Kentucky besiedeln wollten und die Indianer dieses Gebiet nicht freiwillig abtreten wollten, wendete man eben Gewalt an.

Nach der Ermordung der Familie des berühmten Häuptlings Logan und die Zerstörung der Wigwams und Langhäuser tötete Logan und seine verbündeten Algonkin-Stämme und Wyandot jeden Weißen den sie habhaft werden konnten. Es begann ein schrecklicher Krieg, der vielen Indianern und Weißen durch unzählige Greueltaten und Massaker das Leben kostete. Die reguläre Miliz mit einer Stärke von 1.000 Mann unter der Führung von Lord Dunmore und virginische Miliz gingen gemeinsam gegen die Streitmacht der verbündeten Algonkin-Stämme vor. Bei Point Pleasant am Great Kanawah kam es dann zur Entscheifungsschlacht. Da bereits die Einigkeit der Stämme zu zerfallen begann, versuchte Cornstalk mit seinen letzten 1.200 Kriegern durch einen Überraschungangriff den Sieg davonzutragen. Doch gegen die Weißen mit ihren modernen Waffen hatte Cornstalk mit seinen Kriegern keine Chance. Besiegt mußte sich Cornstalk mit seiner Kriegerschar, den Verwundeten und Toten zurückziehen. Für die weißen Eindringlinge war nun der Weg für die Besiedlung Kentuckys frei. In der Ratsversammlung leistete Cornstalk Überzeugungsarbeit für einen Friedensschluß mit den Weißen. Diesen Wunsch nach Frieden bot Cornstalk Lord Dunmore an.

Dunmore war froh den Krieg gegen die Indianer beenden zu können, da jeder Kolonist für den Unabhängigkeitskrieg gebraucht wurde. Lord Dunmore schloß mit Cornstalk und weiteren Sachem des Bundes im Camp Charlotte Frieden. Die Indianer wurden mit diesen Vertrag hinter einer Linie Ohio-Kanawah zurückgedrängt. Kentucky war nun endgültig verloren. Nach Ausbruch des Krieges wurde Cornstalk von der amerikanischen Meliz ermordet, was die verbündeten Stämme auf die Seite der englischen Truppen gegen die verhaßten Langen Messer brachte. Nachdem die Kolonisten gesiegt hatten, wurden die Algonkin an ihre Feinde ausgeliefert. Die amerikanische Regierung machte ihren Anspruch auf die Gebiete östlich des Mississippi geltend, was die Briten dazu brachte die Algonkin gegen die Amerikaner aufzuhetzten und der Krieg der Indianer ging weiter. Little Turtle, ein Miami und der Nachfolger des ermordeten Cornstalk, siegte mit den verbündeten Stämmen 1790 gegen die Streitkräfte von General Harmar. Auch im Jahre 1791 vernichteten die vereinigten Stämme die Truppen von General St. Clair. 1794 als General Wayne mit seinen Truppen gegen die Algonkin und Wyandots aufmarschierte, kam es bei Fallen Timbers zur Entscheidungsschlacht. Nach dem Rücktritt von Little Turtle führte wieder ein Shawnee-Sachem, der Oberhäuptling Blue Jacket, die verbündeten Indianerstämme in den Kampf. Seine Krieger konnten gegen einen Bajonettangriff von General Waynes Infanterie und gegen die Kentucky Volunteers Cavalry unter dem Befehl General Scott, einem Unterbefehlshaber, nichts entgegensetzten. Wayne vernichtete die Dörfer und die Wintervorräte der Indianer und schloß dann bei Greenville in Ohio mit ihnen einen Waffenstillstand. Der größte Teil von Ohio wie auch einige Gebiete von Indiana gingen den Indianern verloren. Die Oberhäuptlinge versuchten die jungen Anführer und Krieger zu überzeugen, dass sie gegen diese Übermacht nicht die geringste Chance hätten, aber die Engländer hetzten sie gegen die Amerikaner erneut auf.

Tecumseh, ein junger Häuptling, der die Schlacht bei Fallen Timbers überlebt hatte, träumte von einem Indianerstaat in Ohio Valley und im Gebiet der Großen Seen. Er kannte die großen Siege der verbündeten Indianerstämme, die Niederlagen von Pontiac und Cornstalk, weil die Verbündeten sie im Stich gelassen hatten und war bei der Schlacht gegen General Wayne selbst dabeigewesen. Tecumseh wollte selbst die entlegensten Stämme für seine Gedanken überzeugen. Doch seine Idee wurde mit Gleichgültigkeit aufgenommen, was ihn aber nicht entmutigte.

Um das Jahr 1810 hatte Tecumseh eine mächtige Streitmacht am Wabash River aufgestellt. Um noch mehr Krieger für sein Heer zu gewinnen, reiste er in den Süden. Bevor er jedoch seine Verbündeten verließ, hatte er die Oberaufsicht seinen Bruder, einem großen Schamanen mit dem Namen Tenskwatawa, übergeben und ihn gewarnt in seiner Abwesenheit mit den Weißen einen Krieg zu beginnen. General Harrison, Gouverneur des Nordwest-Territoriums, hatte jedoch von der indianischen Streitmacht gehört und marschierte mit 800 Mann an den Tippecanoe - ein Nebenfluß des Wabash, um dort ein befestigtes Camp einzurichten. Krieger der verbündeten Stämme überfielen das Heerlager, wurden aber nach zwei Stunden zurückgeschlagen. Nach dieser Niederlage rechnete Tecumseh damit, dass sich viele Stämme vom Bund lösen würden und so begab sich Tecumseh nach Kanada, wo er sich 1812 am Krieg der Engländer gegen die Amerikaner beteiligte. Tecumseh fiel in der Schlacht am Thames River im Herbst des Jahres 1813.

Die Shawnee hatten mit dem Tod Tecumsehs ihren letzten großen Häuptling verloren und die Algonkin-Stämme ihren großen wie auch letzten Oberhäuptling, was dazu führte, dass sich der Bund auflöste. General Harrison vertrieb die Stämme der Algonkin-Sprachfamilie aus ihrer Heimat. Auf ihrer Wanderung schlossen sich die Shawnee den Delaware und Mahican an und wehrten alle Angriffe feindlicher Stämme ab, die friedlichen Verwandten galten. Die Delaware trennten sich von den Shawnee und zogen ins Indianerterritorium Oklahoma. Die Shawnee zogen an den Cumberland River nach Kentucky.

1831 übergaben die Shawnee ihre Stammesgebiete an die Vereinigten Staaten und gingen zu einer Stammesgruppe nach Kansas. In den Jahren zwischen 1845 und 1867 verließen sie ihren gewählten Wohnsitz und siedelten ins Indianerterritorium Oklahoma um. Die Erstankömmlinge wurden fortan als Eastern Shawnee bezeichnet und alle später Ankommenden als Absentee Shawnee. Der Stamm der Shawnee war bis zum Jahr 1939 in diese beiden Gruppen gespalten. Die Shawnee schlossen im Indianerterritorium mit den Vereinigten Staaten Frieden.

Bei einer Zählung im Jahre 1909 in Oklahoma wurden 1.388 Stammesangehörige registriert. Bis 1985 war diese Zahl auf 377 Shawnee gesunken.