Die Indianer Südamerikas: Das Regenwaldgebiet Amazoniens

Aus der Vorgeschichte der hier lebenden Völker ist nicht viel bekannt, da die von ihnen benutzten Materialien im feuchten Klima schnell verrotteten. Fast nur keramische Produkte zeugen von ihrer Anwesenheit. Sie siedelten an den Flüssen, drangen an ihnen nach Süden vor und erreichten an ihnen die Kulturräume aus dem Norden.
Die meisten Stammesgruppen, die einst an den Flüssen siedelten, sind heute verschwunden. An ihrer Stelle sind afrikanische Zwangsarbeiter eingesetzt worden, die in den brasilianischen Städten als Arbeiter, Handwerker, Kunstgewerbler und Künstler für den Nutzen der Europäer materielle Werte schafften. Die Indianer soweit sie überlebten, zogen sich in den Urwald zurück und leben heute noch in verstreuten Gruppen. Bis heute ist es nicht gelungen diese isoliert lebenden Stämme zu erfassen.
Im Norden des tropischen Waldgebietes siedeln die Aruak (Aruaken) und Carib (Kariben) und südlich des Amazonas die Tupi, neben ihnen die Pano und Aruak. Vieles ihres technischen Wissens haben sie aus Mittelamerika und aus den Randgebieten des Karibischen Meeres übernommen. Dazu gehören der Webstuhl, die gras- oder blattbedeckten, aus dünnen Pfählen errichteten Malocas - die auch oft als Gemeindehaus dienen, die Hängematte, die Töpferei, die Herstellung von Rindenstoff sowie der Einbaum als wichtiges Transport- und Verkehrsmittel.
Für die Indianer des tropischen Waldlandes war der Fluß ihre Hauptnahrungsquelle. Daneben machten sie Jagd auf Wild, bauten auf Feldern, die durch Brandrodung entstanden sind, den bitteren Maniok, Yams, Bohnen, Süßkartoffeln und etwas Mais an und ernährten sich von Palmfrüchten, gelegentlich von Erdnüssen und Wildpflanzen. Das Wild erlegten sie mit Hilfe von Pfeil und Bogen, Fallen, Reusen, Speeren und einigen Giften.


Das Gemeinschaftshaus, welches als Maloca bezeichnet wird, ist in Familienabteile eingeteilt. Zwei Gegenstände, die Feuerstelle zur Bierherstellung und ein großer Behälter zum Maisstampfen, sind die Hauptgegenstände. Ein sogenanntes Männerhaus ist bei manchen Stämmen anzutreffen, welches abseits der Familienwohnungen liegt. Die Dorfgemeinschaft ist die wichtigste Wirtschaftseinheit. Es gibt auch Dörfer, wo die Mitglieder einer Sippe in einem einzigen Sippenhaus wohnen, und die Dorfgemeinschaft identisch mit der Hausgemeinschaft ist. Der Älteste der Sippe hat den Häuptlingsrang inne. Bei größeren Gemeinschaften erhält ein Mann mit Schamaneneigenschaften den Rang eines Häuptlings.
Die Stämme sind kriegerisch, aber man führt Krieg um für erlittenes Unrecht Rache zu nehmen oder um Kopftrophäen zu erbeuten. Man glaubt an die in den Köpfen sitzenden magischen Potenzen. Es gibt viele Methoden der Präparation der Köpfe. Die Weichteile wurden in vielerlei Art präpariert, aber auch die Schädel wurden gereinigt und für die spätere zeremonielle Aufbewahrung haltbar gemacht. Die magischen Vorstellungen beginnen schon bei der Geburt und die Sitte der Couvade ist weit verbreitet. Die Couvade, auch als Männerkindbett genannt, ist eine bei manchen Indianerstämmen Südamerikas verbreitete Sitte den Vater an den Geburts-, Reinigungs- und Wochenbettzeremonien zum Schutz der Kinder vor vermeintlichen magischen Schädigungen zu beteiligen. Mit den Pubertätsriten war eine körperliche Marterung der Jugendlichen beider Geschlechter verbunden.

Zu den kriegerischen Stämmen gehören die Murá. Sie gaben nach dem Kommen der Weißen den Bodenbau auf und wurden ein reines Kanu- und Fischereivolk. Sie lebten ausschließlich auf ihren 6 Meter langen Rindenkanus, welche sie später gegen den Einbaum ausgetauscht wurde. Selbst die Geburt eines Kindes fand auf dem Boot statt, somit brauchte die Reise nicht unterbrochen werden. Zur Jagd verwenden sie Pfeil und Bogen. Größere Wassertiere werden mit der Harpune erlegt. Ihr Sozial- und Wirtschaftsgebilde ist die Familieneinheit.
Am oberen Orinoko leben die kriegerischen Waica und Shirianá, welche alte Gegner waren. Beide Stämme verstanden es, kleinere Gruppen benachbarter Stämme, wie die Pakidai und Surará tributpflichtig zu machen. Die Shirianá haben relativ spät von ihren Nachbarn den Macú den Bodenbau übernommen. Die Waica waren sehr lange Sammler und Jäger bevor sie in nachkolumbischer Zeit mit dem Anbau der Mehlbanane (Musa paradisiaca normalis) begannen.
Am Rio Napo - am oberen Amazonas - lebten einst die zur Tupi-Gruppe gehörenden Omagua, die heute ausgestorben sind. Sie lebten in vielen Dörfern und bauten verschiedene Kulturpflanzen an. Als besondere Spezialität verspeisten sie Schildkröten und deren Eier. Als Waffe verwendeten sie Speer und Harpune, später wurden sie vom Blasrohr verdrängt. Ihre Dörfer bestanden aus mehr als 200 Hütten. Sie hatten begonnen ihre Gesellschaft in soziale Schichten zu gliedern.
Sehr bekannt im tropischen Waldgebiet sind die auf der Insel Bananal lebenden Carajá, die eine eigene Sprachfamilie bilden. Sie waren die Feinde der Gês und Tupi. Für ihre Ernährung beschäftigen sie sich mit den Anbau von Kulturpflanzen und mit dem Fischfang. Sie stellen besonders den Peccaries nach und sind auf die Vogeljagd spezialisiert, um den von ihnen beliebten und prachtvollen Federschmuck zu erbeuten. Besonders zu erwähnen, sind die holzgeschnitzten Hocker, ihre Etikettvorschriften und die aus religiösen Gründen getragenen Tonsuren. Ihre geistige Kultur wurde durch den Toten- und Maskenkult beherrscht.
Als typischer Vertreter der Tupi-Gruppe sind die Mundrucú. Sie bauten als Grundnahrungsmittel den Maniok an. Kriegszüge, welche unter Führung eines Häuptlings unternommen wurden, galten besonders der Erbeutung von Kopftrophäen. Ihre Religion war mit bestimmten Riten auf die Fruchtbarkeitserhöhung des Fisches, des Wildes und des Manioks ausgerichtet.