Die Indianer Südamerikas: Das Regenwaldgebiet Amazoniens


Kamayur�-Frau beim Spleißen von Palmblättern für Körbe, Matten usw. Die Kamayurá leben am Rio Xingu. Der tropische Regenwald Amazoniens ist ein Gebiet, dass sich rund 2.000 km in Nord-Süd-Richtung und 3.500 km in ost-westlicher Richtung erstreckt. In diesem Gebiet leben die klassischen Anbauer der giftigen Maniok-Knolle (Manihot utilissima). Sie hatten eine wirksame Methode zum Entfernen des hohen Blausäuregehaltes dieser Pflanze gefunden.

Aus der Vorgeschichte der hier lebenden Völker ist nicht viel bekannt, da die von ihnen benutzten Materialien im feuchten Klima schnell verrotteten. Fast nur keramische Produkte zeugen von ihrer Anwesenheit. Sie siedelten an den Flüssen, drangen an ihnen nach Süden vor und erreichten an ihnen die Kulturräume aus dem Norden.

Die meisten Stammesgruppen, die einst an den Flüssen siedelten, sind heute verschwunden. An ihrer Stelle sind afrikanische Zwangsarbeiter eingesetzt worden, die in den brasilianischen Städten als Arbeiter, Handwerker, Kunstgewerbler und Künstler für den Nutzen der Europäer materielle Werte schafften. Die Indianer soweit sie überlebten, zogen sich in den Urwald zurück und leben heute noch in verstreuten Gruppen. Bis heute ist es nicht gelungen diese isoliert lebenden Stämme zu erfassen.

Im Norden des tropischen Waldgebietes siedeln die Aruak (Aruaken) und Carib (Kariben) und südlich des Amazonas die Tupi, neben ihnen die Pano und Aruak. Vieles ihres technischen Wissens haben sie aus Mittelamerika und aus den Randgebieten des Karibischen Meeres übernommen. Dazu gehören der Webstuhl, die gras- oder blattbedeckten, aus dünnen Pfählen errichteten Malocas - die auch oft als Gemeindehaus dienen, die Hängematte, die Töpferei, die Herstellung von Rindenstoff sowie der Einbaum als wichtiges Transport- und Verkehrsmittel.

Für die Indianer des tropischen Waldlandes war der Fluß ihre Hauptnahrungsquelle. Daneben machten sie Jagd auf Wild, bauten auf Feldern, die durch Brandrodung entstanden sind, den bitteren Maniok, Yams, Bohnen, Süßkartoffeln und etwas Mais an und ernährten sich von Palmfrüchten, gelegentlich von Erdnüssen und Wildpflanzen. Das Wild erlegten sie mit Hilfe von Pfeil und Bogen, Fallen, Reusen, Speeren und einigen Giften.

Die heiligen Flöten der Kamayurá. Die Zahl der Fischarten ist zahlenmäßig derzeit noch nicht erfaßbar. Bei der Jagd erbeuten sie Schildkröten, Lamantin (Seekuh), Delphine und Kaimane. Da die kleineren Nebenflüsse des Rio Negro in Nordwestbrasilien von Dezember bis März austrocknen, sind die hier lebenden seßhaften Indianergruppen gezwungen eine dreimonatiges Nomadenleben zu führen, für das sie sich mit Körben mit getrockneten Maniokfladen eindecken. Die im Innern des tropischen Regenwaldes lebenden Stämme müssen sich viele verschiedene Jagdmethoden zur Erlangung des Wildes einfallen lassen. So z. B. ahmen sie Tierlaute nach, legen Feuer, Schießen aus dem Hinterhalt, Graben Gürteltiere aus und Verstecken ihren Kopf mit Kalebassen wenn sie auf Entenjagd gehen. Zu den beliebesten Jagdtieren gehören: Affen, Tapire, Peccaries, Faultiere, Ameisenbären, Hirsche, verschiedene Vogelarten und Gürteltiere. Die Tiere werden nicht nur zur Nahrungsgewinnung erlegt, sondern ihre Knochen, Krallen, Zähne und Federn werden für handwerkliche und Schmuckzwecke verwendet. Die Waldbewohner benutzen zur Jagd fast die gleichen Waffen wie die Bewohner an den Flüssen. Neben Speeren, Fallen, Pfeil und Bogen, wobei der Pfeil oft bis zu 1,5 m lang war und der Bogen entsprechend proportioniert ist, kommt der zweieinhalb bis fünf Meter langes, geräuschlos tötende Blasrohr zum Einsatz, welches ausschließlich für die Jagd angewandt wurde. Die kleinen Pfeile waren aber nur dann wirksam, wenn die Pfeile vergiftet waren. Dazu findet das Curare seine Anwendung. Es besteht aus mindestens 35 Nervengiften, wobei die Strychoarten überwiegen. In ihm ist der Wirkstoff Curarin, ein Alkaloid, enthalten, welches die Reizübertragung der Nerven auf die Skelettmuskulatur verhindert und es zur Lähmung der Atemmuskeln kommt was zum Tode führt. Das Curare ist für den Magen harmlos und die erlegte Beute kann gefahrlos gegessen werden. Das Blasrohr wie auch das Curare stammen aus dem Norden und Nordwesten Süsamerikas und haben sich in südliche Richtung ausgebreitet. Sie dienen auch als Tauschwaren. Neben diesen Waffen kommt aber auch noch eine wesentliche Waffe zum Einsatz - die Speerschleuder.

Tanz der Kamayurá. Typische Schlafstätte des tropischen Waldgebietes ist die Hängematte. Zum Sitzen dienen niedrige, geschnitzte Hocker, welche Tierformen aufweisen. Die wichtigsten Behälter sind Tongefäße, Körbe, Holztröge und Kürbisflaschen (sogenannte Kalebassen). Die Körperbemalung wie auch der Federschmuck sind weit verbreitet und ersetzen oftmals die Kleidung. Als Stoffe wurden mit einem Schlegel bearbeitete Rinde des Feigenbaumes verwendet, die am oberen Amazonas üblich sind. Auch die Töpferei, die Weberei und die Flechterei werden angewandt. Als Verkehrsmittel dienen Flöße und Boote, die aus Rinde, Balsaholz oder aus einem einzigen Baumstamm (werden als Einbaum bezeichnet) hergestellt wurden. Der Einbaum wurde ausgebrannt und ausgeweitet.

Das Gemeinschaftshaus, welches als Maloca bezeichnet wird, ist in Familienabteile eingeteilt. Zwei Gegenstände, die Feuerstelle zur Bierherstellung und ein großer Behälter zum Maisstampfen, sind die Hauptgegenstände. Ein sogenanntes Männerhaus ist bei manchen Stämmen anzutreffen, welches abseits der Familienwohnungen liegt. Die Dorfgemeinschaft ist die wichtigste Wirtschaftseinheit. Es gibt auch Dörfer, wo die Mitglieder einer Sippe in einem einzigen Sippenhaus wohnen, und die Dorfgemeinschaft identisch mit der Hausgemeinschaft ist. Der Älteste der Sippe hat den Häuptlingsrang inne. Bei größeren Gemeinschaften erhält ein Mann mit Schamaneneigenschaften den Rang eines Häuptlings.

Die Stämme sind kriegerisch, aber man führt Krieg um für erlittenes Unrecht Rache zu nehmen oder um Kopftrophäen zu erbeuten. Man glaubt an die in den Köpfen sitzenden magischen Potenzen. Es gibt viele Methoden der Präparation der Köpfe. Die Weichteile wurden in vielerlei Art präpariert, aber auch die Schädel wurden gereinigt und für die spätere zeremonielle Aufbewahrung haltbar gemacht. Die magischen Vorstellungen beginnen schon bei der Geburt und die Sitte der Couvade ist weit verbreitet. Die Couvade, auch als Männerkindbett genannt, ist eine bei manchen Indianerstämmen Südamerikas verbreitete Sitte den Vater an den Geburts-, Reinigungs- und Wochenbettzeremonien zum Schutz der Kinder vor vermeintlichen magischen Schädigungen zu beteiligen. Mit den Pubertätsriten war eine körperliche Marterung der Jugendlichen beider Geschlechter verbunden.

Bei der Herstellung des Pfeilgiftes Kurare. Sonne, Mond und Donner sind Gottheiten. Bei Zeremonien werden alkoholische Getränke und Narkotikas zu sich genommen. Im Totenkult wurde der Ahnen und der Fruchtbarkeit gedacht. Mit Jaguarmythen stehen die Kulturheroen, die Bringer aller guten Lebensgüter, als Einzelgestalt, als Zwillingsbrüder oder als Dreiheit in Verbindung. Man kann jedoch die Stämme in ihrer Kultur nicht zusammenfassen, sondern es haben sich verschiedene geschichtliche Einflüsse herausgebildet.

Zu den kriegerischen Stämmen gehören die Murá. Sie gaben nach dem Kommen der Weißen den Bodenbau auf und wurden ein reines Kanu- und Fischereivolk. Sie lebten ausschließlich auf ihren 6 Meter langen Rindenkanus, welche sie später gegen den Einbaum ausgetauscht wurde. Selbst die Geburt eines Kindes fand auf dem Boot statt, somit brauchte die Reise nicht unterbrochen werden. Zur Jagd verwenden sie Pfeil und Bogen. Größere Wassertiere werden mit der Harpune erlegt. Ihr Sozial- und Wirtschaftsgebilde ist die Familieneinheit.

Am oberen Orinoko leben die kriegerischen Waica und Shirianá, welche alte Gegner waren. Beide Stämme verstanden es, kleinere Gruppen benachbarter Stämme, wie die Pakidai und Surará tributpflichtig zu machen. Die Shirianá haben relativ spät von ihren Nachbarn den Macú den Bodenbau übernommen. Die Waica waren sehr lange Sammler und Jäger bevor sie in nachkolumbischer Zeit mit dem Anbau der Mehlbanane (Musa paradisiaca normalis) begannen.

Am Rio Napo - am oberen Amazonas - lebten einst die zur Tupi-Gruppe gehörenden Omagua, die heute ausgestorben sind. Sie lebten in vielen Dörfern und bauten verschiedene Kulturpflanzen an. Als besondere Spezialität verspeisten sie Schildkröten und deren Eier. Als Waffe verwendeten sie Speer und Harpune, später wurden sie vom Blasrohr verdrängt. Ihre Dörfer bestanden aus mehr als 200 Hütten. Sie hatten begonnen ihre Gesellschaft in soziale Schichten zu gliedern.

Sehr bekannt im tropischen Waldgebiet sind die auf der Insel Bananal lebenden Carajá, die eine eigene Sprachfamilie bilden. Sie waren die Feinde der Gês und Tupi. Für ihre Ernährung beschäftigen sie sich mit den Anbau von Kulturpflanzen und mit dem Fischfang. Sie stellen besonders den Peccaries nach und sind auf die Vogeljagd spezialisiert, um den von ihnen beliebten und prachtvollen Federschmuck zu erbeuten. Besonders zu erwähnen, sind die holzgeschnitzten Hocker, ihre Etikettvorschriften und die aus religiösen Gründen getragenen Tonsuren. Ihre geistige Kultur wurde durch den Toten- und Maskenkult beherrscht.

Als typischer Vertreter der Tupi-Gruppe sind die Mundrucú. Sie bauten als Grundnahrungsmittel den Maniok an. Kriegszüge, welche unter Führung eines Häuptlings unternommen wurden, galten besonders der Erbeutung von Kopftrophäen. Ihre Religion war mit bestimmten Riten auf die Fruchtbarkeitserhöhung des Fisches, des Wildes und des Manioks ausgerichtet.